Lera Auerbach: Demons + Angels
Sonntag, 17. November 2019, 16:00 Uhr
Lera Auerbach © Lera Auerbach
Ihre vollkommen unerschrockene Art, sich schier überbordenden, auf den ersten Blick vollkommen maßlosen Ideen, Vorstellungen und Formen zu nähern, legt den Gedanken nahe, Lera Auerbach der Barockmusik zuzurechnen. Beispielsweise finden sich gleich sieben Zyklen von ›24 Präludien‹ unter ihren Werken und Bearbeitungen. Auch in der Wahl der Farben und Stilmittel lässt sie sich nicht durch Grenzen der Gegenwart beeindrucken; sofort kommen neben dem Barock zumindest auch gleich noch die Romantik, das Mittelalter und die Renaissance in Reichweite ihres beherzten Zugriffs. Schließlich ist Lera Auerbach – was in früheren Glanzzeiten der Musikgeschichte ebenfalls häufiger gewesen sein mag als heute – nicht nur Komponistin, sondern auch beeindruckende Tastenvirtuosin, Dirigentin und Schriftstellerin (1996 war sie sogar Schriftstellerin des Jahres der Internationalen Puschkin-Gesellschaft). 1973 in Tscheljabinsk am Ural geboren, nutzte sie 1991 eine Konzertreise, um sich von Russland nach New York abzusetzen. 2019 verlegt sie ihren Wohnsitz nach Wien. Quasi als Einstand leitet sie in der Minoritenkirche die Gesamturaufführung ihres Doppelzyklus, der zwei Chorwerke zu einem vereint. Das intensive, ja immersive Unterfangen braucht allein schon deswegen doppelte Spielfilmlänge, weil es um nichts Geringeres geht als um ein Spiegelkabinett zwischen Paradies und Unterwelt in insgesamt 144 Abteilungen. Der zuerst entstandene Zyklus für Chor und das Raschèr Saxophone Quartet basiert auf Meditationen über die 72 hebräischen Namen der Engel – jener Botschafter, die mehrere Religionen zu einem großen, menschlichen Ganzen verbinden. Das Gegenstück bilden die Namen der 72 Dämonen, König Salomon zugeschrieben und in einem Grimoire des 17. Jahrhunderts entdeckt. Da die Dämonen des geheimen Zauberbuchs für Lera Auerbach all das verkörpern, was uns verführt, hüllt sie sie in noch viel schönere Klänge als die Engel – eine gute Gelegenheit, das für seine »diabolische Technik« (Télérama) gerühmte Quatuor Béla bei seinem Österreich-Debüt zu erleben.
»Wenn Sie ins Konzert gehen und den Raum als dieselbe Person verlassen, haben Sie zwei Stunden Ihres Lebens verschwendet. Für mich ist es sehr wichtig, dass Musik berührt, Erinnerungen hervorruft, transzendiert, vielleicht beunruhigt. Sie soll Ihnen emotional und intellektuell nahegehen, Sie hineinziehen. Denn das Hören, das Erfahren von Musik ist ein aktiver Vorgang. Da geht es nicht nur darum, sich hinzusetzen und zu entspannen, sondern um die Intensität von Leben und Tod. Das ist, wofür es sich lohnt, zu leben.« (Lera Auerbach)
Interpreten
Cracow Singers,
Chor Chorleitung Karol Kusz
Rebecca Palmer,
Sopran Goetia.72
Matylda Stasto-Kotula,
Alt Goetia.72
Jakub Borowczyk,
Countertenor Goetia.72
Lukasz Dziuba,
Bass Goetia.72
Karol Kusz,
Tenor Goetia.72
Quatuor Béla,
Streichquartett
Vocalforum Graz,
Chor Chorleitung Franz M. Herzog
Maria Suntinger,
Alt 72 Angels
Bettina Wechselberger,
Sopran 72 Angels
Christoph List,
Altus 72 Angels
Gernot Heinrich,
Tenor 72 Angels
Gerd Kenda,
Bass 72 Angels
Raschèr Saxophon Quartet,
Quartett
Lera Auerbach,
Leitung
Programm
Lera Auerbach: Demons and Angels
Lera Auerbach
Goetia.72. In umbra lucis (2019) EA
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Lera Auerbach
72 Angels. In splendore lucis (2016)
Anmerkung
Produktion Wien Modern